Dem Ort verpflichtet
Das Grundstück Schanzenfeld, auf dem der neue Leitz-Park entstehen soll, stellt, auch aus Sicht der Stadtbaugeschichte, einen wichtigen Baustein zur Entwicklung der Stadt Richtung Osten dar.
Begrenzt im Norden durch ein großes Waldgebiet sowie im Westen durch den Anschluss an den Gewerbepark Spilburg, stellt die Landesstraße (Zufahrt zur A 45) als südliche Begrenzung des Grund-stücks nicht nur den überregionalen Verkehrsanschluss sicher, sondern darüber hinaus die westliche Zufahrt zur Stadt Wetzlar. Schanzenfeld in seiner leicht erhöhten Lage zu dieser Landesstraße bildet somit in seiner exponierten Lage nicht nur den zukünftigen Auftakt zum Gewerbegebiet Spilburg, sondern gleichermaßen einen wichtigen Stadteingang Wetzlars aus.
Der Besonderheit des Ortes und dem markanten Zuschnitt des Grundstücks folgend, werden die Gebäude so auf dem Schanzenfeld platziert, dass die jeweiligen Grundstückskanten (Landesstraße, Erschließungsstraße, Waldrand) durch die Gebäudeausrichtung aufgenommen werden. Durch diese Gebäudestellung werden Architektur, Städtebau und Topographie miteinander ‚verzahnt' und das Thema ‚Gebäude im Leitz-Park' architektonisch umgesetzt.
Darüber hinaus entsteht aufgrund der Gebäudedisposition ein zentraler Platz, auf den hin sich die Haupteingänge der drei Unternehmen und der Zugang zur Leica-Welt orientieren. Durch Lage und Ausbildung dieses ‚Schanzenfeld-Platzes' ergibt sich eine eindeutige Identifikation des Leitz-Parks. Bedingt durch die Gebäudestellung der Leica-Welt zum Gebäude "viaoptic" und dem Gebäude der Leica Camera AG, bilden sich dadurch zwei räumlich erfahrbare "Torsituationen" aus. Er unterscheidet sich somit in prägnanter Weise von üblichen Gewerbegebieten, die sich fast ausschließlich an den Straßenverläufen orientieren ohne ein signifikantes, eigenes städtebauliches Gepräge auszubilden. Der Leitz-Park hingegen wird über seinen Städtebau eindeutig definiert, er erklärt sich von selbst.
Es sind somit auch bewusst die stadträumlichen Qualitäten - urbane Dichte, Platzbildung durch Gebäudestellung, Dialog der Architekturen über Proportion, Größe, Höhen und Materialien - die den Entwurf bestimmen. Von elementarer Bedeutung ist außerdem die Bildung eines Ensembles - die Gebäudetypologien sind aus einem einheitlichen Formen- und Materialkanon entwickelt.
Zu diesen Qualitäten zählt selbstverständlich auch die Landschaftsarchitektur. Das Gewerbe im Park ist dabei Leitidee - die Landschaft selbst steht im Vordergrund. Die Planung der Außenanlagen berücksichtigt bewusst ein gefordertes Minimum an Zufahrten und Erschließungsflächen. Die benötigten großen Stellplatzflächen für die Mitarbeiter und die Besucher sind von der Einsichtnahme zurückgesetzt und befinden sich der Topographie angepasst verteilt im Grundstücksbereich.
Selbst bei Realisierung eines ersten, zweiten und dritten Bauabschnittes sind die jeweiligen Gebäude auf dem Schanzenfeld her so angeordnet, dass jedes für sich genommen die Prägnanz besitzt, den Leitz-Park architektonisch zu definieren. Die geforderte, flächenmäßige Erweiterung der drei produzierenden Unternehmen ist hierbei berücksichtigt und folgt dem Entwurfsgedanken.
Der neue Leitz-Park stellt einen repräsentativen, gleichzeitig zurückhaltenden städtebaulichen Auftakt für Wetzlar dar. Er bietet die Chance einer hohen Identifikation der Stadt durch die historisch fest mit ihr verbundenen fotooptischen Industrie.
Gebäudekonzepte
Die vorgeschlagenen Gebäudekonzepte orientieren sich an den Vorgaben der Auslobung und an den gesammelten Erfahrungen bei den Werksbesichtigungen.
Bei der Konzeption für ‚viaoptic' ergibt sich hieraus z. B. eine Produktionsstätte (Werkhalle), die im Inneren der Büro- und Nutzflächenstruktur liegt. Hierdurch und durch die Innenraumgestaltung (geschlossene Flächen, keine offenen Hohlräume) sowie durch die natürliche Belichtung über Oberlichter wird eine fast ‚sakrale' Atmosphäre erzeugt, die für Herstellung, Prüfung und Qualitätskontrolle der gefertigten Objekte von großer Wichtigkeit sind.
Für das Gebäude von ‚Weller' steht die Nichteinsichtnahme von außen im Vordergrund der Gebäude-typologie. Auch hier stellt die Produktion den Mittelpunkt des Hauses dar, hier allerdings mit nicht so hohen Anforderungen in Bezug auf den Innenausbau.
Das Haus der Leica Camera AG definiert sich am stärksten über die Differenzierung in der Höhenentwicklung (Büro/Forschung - Produktion - Montage). Die Höhenstaffelung wird hier bewusst als Akzentuierung des östlichen Stadteinganges für Wetzlar und der Betonung des "Leitz Platzes" verstanden. Die Ausrichtung des größten und bekanntesten Unternehmens für Wetzlar liegt folgerichtig direkt an der Landesstraße.
Den Höhepunkt des Leitz-Park Ensembles bildet das Gebäude der "Leica-Welt". Hier findet sich die Gesamtkonzeption in allen Dimensionen im Bezug zur Landschaft, Architektur als auch zur Materialität und Konstruktion wieder. Der besondere bauliche Anspruch der Leica-Welt wird über die Raumverschmelzung von amorphen und orthogonalen ausgeformten Gebäudeteilen zum Ausdruck gebracht.
Alle Gebäude werden über jeweils repräsentative Vorfahrten für Besucher und Gäste vom neuen ‚Schanzenfeld-Platz' erschlossen. Die Anlieferungszonen und ein Teil der Mitarbeiter-Parkplätze der produzierenden Unternehmensgebäude werden von der östlichen Erschließungsstraße aus befahren.
Die Regenrückehalteflächen befinden sich an der nordwestlichen Spitze des Grundstücks.
Architektur - Fassade Materialität
Die architektonische Umsetzung entspricht den städtebaulichen Vorstellungen und unterstützt in ihrer Konsequenz die skulpturale Durchbildung der Häuser.
Die Baukörper werden charakterisiert über das Thema der ‚Verschränkung und der Verzahnung' von Stadt und Landschafts-Park. Dieser Bezug ist sowohl durch die horizontale als auch durch die vertikale Staffelung der Gebäude ablesbar.
Den notwendigen architektonischen Zusammenhang der drei unterschiedlichen Gebäudekubaturen gewährleistet eine umlaufende einheitliche Fassadenausbildung.
Die zur Verwendung kommenden Fassadenmaterialien - unterschiedlich farbiges Profilbauglas (z. B. vorgespanntes ‚Linitglas)' - unterstreichen das Objekthafte der Gebäudeentwürfe. Die Plastizität ergibt sich aus den innen bündig angeordneten Fensterelementen sowie der nach außen transluzent durch-scheinenden Gebäudestruktur.
Die Identität der einzelnen Unternehmen ergibt sich aus den unterschiedlichen Kubaturen und aus dem Farbspiel der Fassadenelemente und deren möglichen Hinterleuchtung.
Im Zusammenspiel mit der Grundkonstruktion der Gebäude (Stahlskelettkonstruktion) thematisiert das vorgesehene Fassadenmaterial die Unternehmen selbst und damit auch deren Bedeutung für den Standort Wetzlar.
Die Individualität von Leica, viaoptic und Weller ist erkennbar, bleibt aber eingebettet in einer signifikanten und von außen deutlich ablesbaren Gesamtarchitektur (Ensemblebildung).